Muscle Car History – 1. Teil: Pontiac GTO 1964-66

Nur eine kurze Epoche lang regierten heiße Reifen und brüllende Motoren Amerikas Straßen! Wir gehen zurück in die Zeit der legendären Muscle Cars, als ausnahmslos alle US-Autokonzerne regelrechte Billig-Rennwagen ab Werk verkauften!

Vorab zum Einstimmen und Zurücksetzen in die damalige Zeit, hier ein TV-Werbespot zum 65er Pontiac GTO. Inklusive Tiger … Herrlich …! Und ein Bild tiefer, Otto´s Video über einen 66er Pontiac GTO, den wir in Essen auf der Messe fanden. Klick beide an:

Mit amerikanischen Autos verbindet man gemeinhin Chromschlitten, kitschig-luxuriöse Sofas, aber auch Pickups, Hot Rods und wilde Customs. Und die meisten wissen, dass es unter den Corvetten, Camaros, Firebirds und Mustangs auch mal schnelle Kameraden gibt, die mit typischem V8-Gebrabbel ab und an gern schwarze Streifen auf dem Asphalt hinterlassen. Bisweilen taucht in diesem Zusammenhang auch der Begriff  ”Muscle Cars“ auf, aber wie wir wissen, ist das meistens falsch! Denn die Muscle Cars waren etwas ganz Spezielles und Besonderes. Sie beherrschten Amerikas Straßen nur acht kurze Jahre lang, und sie verschwanden genauso schnell wieder, wie sie gekommen waren. In amerikanischen Büchern, die sich dem Thema Muscle Cars widmen, werden heute speziell motorisierte  Firebirds, Camaros, Mustangs & Co. aber ebenso als solche behandelt und sogar recht seltene Power-Full Sizes. Daher wollen wir uns im Anschluß an die sogenannten „Original Muscle Cars“ auch damit beschäftigen. Ihr dürft gespannt sein!

Stock Car Tradition!

Anfang der 60er Jahre hatte sich die amerikanische Automobilindustrie tief im Super Stock Car Rennen und Dragracing engagiert. In Europa undenkbar, bevölkerten in den USA jedes Wochenende Zigtausende Menschen die Raceways, um auf den riesigen Stock Car Ovalen mit Coke, Beer und Chips in der Hand ihre Favoriten siegen (oder verlieren) zu sehen. Was auf den Rundkursen in stundenlanger Materialschlacht entschieden wurde, dauerte auf dem Dragstrip nur wenige Sekunden: die berühmten Beschleunigungs-Rennen, in den 30ern von den Kids illegal außerhalb der Städte begonnen, waren (und sind!) eine nicht wegzudenkende Sportveranstaltung, verziert mit brennendem Gummi und ohrenbetäubendem Lärm.  Ob Stock Car Rennen oder die ”zahme“ Public Race Klasse auf dem Strip: Bei den Rennwagen handelte es sich damals mitunter um lediglich technisch modifizierte Serien-Fahrzeuge. Hier wurden Legenden geboren wie die vom Chevy 409 oder vom Chrysler 413. Es war das erste Mal, dass man auf Detroits Fließbändern komplette Wettbewerbs-Fahrzeuge baute, auch wenn die Produktion mit Stückzahlen zwischen 10 und 40 pro Jahr nicht sehr üppig ausfiel. In erster Linie reduzierte man gegenüber den Serienmodellen nur das Gewicht. Fast alle Firmen verwendeten Aluminium oder Kunststoff für Vorderkotflügel und Hauben. Teilweise verwendete man auch Plexiglas-Scheiben. Darunter montierte man die wildesten Motoren mit mechanischen Nockenwellen und doppelten Vierfach-Vergasern. Mit ihren Wettbewerbs-Programmen machten die Firmen riesige Umsätze, und man tat alles, um diese Motoren auch der konventionellen Käuferschicht zugänglich zu machen. Doch erstens blieb die erwartete Leistung in den normalen, fast zwei Tonnen schweren Full Size Cars erheblich hinter den Erwartungen zurück und zweitens verlangte so ein Kraftpaket nach ständiger Wartung. Vor allem aber sahen nur Wenige einen Sinn darin, für teures Geld ein normal aussehendes Serienauto mit Power aufzupeppen!

Neue Käuferschicht!

Dennoch: die Popularität der nahezu serienmäßigen Straßenrenner ging einher mit dem Ergebnis einer stark gestiegenen Geburtenrate unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine neue Käuferschicht war herangewachsen, die sich nicht mehr wie ihre Vorfahren aus billigen Gebrauchtwagen „Hot Rods“ zusammenbauen wollte. Allein die Tatsache, dass viele, noch nicht mal erwachsen, in den unsinnigsten aller Kriege nach Vietnam geschickt wurden, schuf ein Käuferpotential besonderer Sorte. Tatsächlich sollte sich unter den Käufern der zukünftigen Muscle Cars ein hoher Prozentsatz aus Vietnam-Heimkehrern befinden. Dem Trauma entflohen und gerade noch mit dem Leben davongekommen, sollten sich gerade die Ex-GIs gern in jene Katapulte setzen, die sich, mangels vernünftiger Reifen, Fahrwerke und Bremsen, mit Top Speed bis teilweise über 200 km/h ganz gern mal um einen Baum schlungen oder auf andere Art ihrem Driver den Hals brachen! Ministerien, Sicherheitsbeauftragte und Versicherungen sollten daraufhin eine bis dahin einmalige Kampagne gegen jene Rennwagen ab Werk führen. Doch wie so oft – diese Autos überlebten sich schließlich selbst…

Diese Vorgeschichte sollte man kennen, um das Phänomen der Muscle Cars zu verstehen. Als Ende 1963 plötzlich alle amerikanischen Großserien-Hersteller sogenannte Intermediate-Modelle sprich: Mittelklasse-Autos im Programm hatten, die doch gegenüber den großen ”Full Sizes“ deutlich weniger wogen, war es nämlich nur eine Frage der Zeit, bis sie darauf kamen, hier die hubraumstärksten V8 Motoren einzupflanzen. Dummerweise jedoch hatte ausgerechnet General Motors, der damals größte Automobilhersteller der Welt, Anfang 1963 den Ausstieg aus dem immer mörderischer werdenden Wettbewerb bekanntgegeben. Besonders hart traf diese Entscheidung die Pontiac-Leute, denn diese Marke, noch bis Mitte der 50er Synonym für recht altbackene Modelle, hatte seit einigen Jahren, nicht zuletzt durch die Rennerfolge, ein attraktives Image als Hersteller sportlicher Fahrzeuge bekommen und war dadurch sogar auf dem dritten Platz der Produktionsstatistik gelandet. Und jetzt das! No more racing! Pontiac hatte 14 Tage Zeit, die komplette Rennabteilung aufzulösen!

Die Geburt des GTO!

Der elektrische Moment kam, als Werbeleiter Jim Wangers zu Pontiac-Chef Pete Estes ins Büro schaute. Er hatte die verrückte Idee, entgegen des GM-Beschlusses, kein Mittelklasse-Modell mit mehr als 330 cubic inch (5,4 Liter) zu motorisieren, den größten Pontiac-V8 mit 383 cubic inch (6,3 Liter) und 325 bhp (brutto horse power) in den kleinen Pontiac Tempest Le Mans zu packen! Dieses kleinste Pontiac-Modell war 1961 zusammen mit den GM-Schwestern Oldsmobile und Buick als Compactwagen entwickelt, aber für 1964 zum Mittelklasse-Modell vergrößert worden. ”Stärkere Federn rein und dann das ganze GTO taufen, wie ein Ferrari!“ Estes hielt ihn schlicht für verrückt, wo doch gerade der Stop für Rennwagen verhängt worden war. ”Aber das ist es ja eben“, soll Wangers gesagt haben, ”das ist kein Rennwagen – wir bauen ein Hochleistungsauto für die Straße!“ Diese entscheidenden Minuten mögen der Start für eine der abenteuerlichsten Epochen der amerikanischen Auto-Geschichte gewesen sein, und sie lassen sich in Pete Estes´ Memoiren genauso nachlesen!

Der Dritte im Bunde war niemand anders als John DeLorean, seinerzeitiger Chefingenieur bei Pontiac, der später als eine der schillerndsten Figuren der Automobilwelt in die Geschichte eingehen sollte. DeLorean war sofort Feuer und Flamme und begann, die Idee zu realisieren. Um mit dem GM-Beschluss konform zu gehen, sollte diese Motorisierung nur als sogenanntes ”GTO-Package“ lieferbar sein. Dennoch: die Meinung in Pontiacs Geschäftsleitung war geteilt. Vor allem war man skeptisch, ob dieses Modell bei den GM-Oberen durchzusetzen war. DeLorean selbst, mit über 1 Meter 90 beeindruckender Größe, mußte den Gang nach Canossa gehen und dabei seinen Rausschmiß riskieren. Aber: Geld regiert die Welt! Die GM-Bosse waren mit einer Probeserie von 5.000 Stück einverstanden, doch die Bedingung war unmissverständlich: ”Wehe, Ihr verkauft sie nicht…“

Das Erscheinen des GTO für 1964 sorgte in der Fachpresse für ungeheuren Wirbel. Vergleichbare Leistung hatte noch niemand bei einem Serienauto erlebt! Für insgesamt 2.963 $ konnte man bereits ein Selbstmord-Instrument mit 325 bhp kaufen, das gut für 15 Sek. auf der Viertelmeile war! Wer 115 $ mehr investierte, erhielt sogar mit der Tri-Power-Anlage (drei Doppelvergaser) 348 bhp. Neben dem normalen Coupé konnte man zwischen der Hardtop-Variante und einem Cabrio wählen. Als das Modelljahr vorbei war, hatte man 32.450 GeeTO’s, wie die Amis sagten, verkauft! Neue Zeiten! Die ruhige Zeit für nächtliche Polizeistreifen war vorbei! Während sämtliche anderen US-Firmen wachgerüttelt waren und schnell ähnliche Renner konzipierten, wuchsen die Zubehör-Listen seitenweise. Beinahe halbjährlich gab es Modifikationen und neue Komponenten, mit denen man sein Muscle Car werksseitig aufwerten konnte. Wer letztendlich diesen Begriff prägte, und vor allem, wann, ist heute nicht mehr überliefert. Plötzlich ging es nicht mehr nur um Leistung – nein, es ging um Adrenalin, Weltbild und Identität! Und die Marketing-Abteilungen machten lustig mit! Als 1965 Esso den Tiger in den Tank packte, hängte sich Pontiac dran und kreierte den GTO-Tiger, den fast alle Branchen übernahmen. ”Ronny & the Daytonas“ waren die ersten mit einem GTO-Song, „Little GTO“ hieß er. Im Herbst 1964 lag die Scheibe auf Platz 4 in den Billboard Charts und wurde ein Millionenhit. ”Jan & Dean“ kamen fast gleichzeitig mit ”My mighty GTO“, und auch Pontiac selbst brachte eine Single auf den Markt: ”GeeTO Tiger“ kostete nur 50 Cents, wurde zum Kult-Hit und sorgte für Verkaufszahlen von 75.352 GTOs im 65er Modelljahr, die optisch durch ein überarbeitetes Styling mit nun untereinander angeordneten Scheinwerfer auffielen. Und hier zwischendurch zum Reinhören, Ronny and The Daytonas mit G.T.O.:

Ein Jahr später, als alle General Motors Mittelklasse-Modelle die Coke Bottle Form mit dem typischen Hüftbuckel erhalten hatten, erschien der GTO noch attraktiver und als eigene Serie. Der 389er V8 brachte auf dem Papier 335 bhp oder gar 360 bhp auf die Straße, doch waren diese Angaben meist untertrieben, um Behörden und Versicherungen nicht mit Gewalt gegen diese vierrädrigen Waffen aufzubringen! Ohnehin schienen die Fans völlig dem Muscle Fieber verfallen: Jede Menge Zubehör und Bekleidung wurde mit dem GTO-Logo angeboten, es gab GTO-Parfum genauso wie speziell geformte Schuhe, die sich der Pedalerie anpaßten. Wer mochte, kaufte sich einen Tigerschwanz aus Puschelstoff und ließ ihn aus Motorhaube oder Kofferraum hängen – das Tigergebrüll als Hupe kam eher kläglich. Dafür gab es Kennzeichen mit einem unmissverständlichen ”Grrrrrrrrr“! Aber fauchende Tigermädchen im Fernsehen waren dann doch eher zuviel. Die bigotten und moralinsauren Durchschnitts-Amis, die nun schon zum zweiten Mal den Untergang der christlichen Welt sahen, rebellierten: DeLorean, der mittlerweile den Chefsessel von Pontiac erklommen hatte, musste den Tiger und die aggressive Werbung sterben lassen. Aber mit 96.946 Stück war der alte Rekord gebrochen!

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Es geht los! Die Muscle Car-Ära ist im Gang! Hier mit der werkseigenen Rennmannschaft von Dodge. Die ”Ramchargers“ schrieben Geschichte.

Chevys legendärer V8 der Pre-Muscle Car-Ära: Four-O-nine

62er Chevy Full Size mit dem 409 auf dem Strip!

Dodge Dart 1962: Selbsttragend und klein und daher leicht – die ideale Basis für ein Rennauto, vor allem in der einfachsten Spar-Ausführung

Der 413ci Ramcharger ”MaxWedge“: High Performance Motor von Chrysler, lange bevor es die ”Muscle Cars“ gab.

Ford mischte schon immer tüchtig mit. Der 62er Galaxie wurde mit 3 Doppelvergasern angeboten!

Ford Dealer Bob Tasca realisierte bereits Ende 1952 die Idee, den großen Ford 427er in den Intermediate Fairlane zu zwängen.

Als bei Chrysler der 426er Street-Hemi erschien, bot er fast die ideale Renn-Motorisierung. Leider war er unglaublich teuer!

Gab es auch als Plüschtier und verkaufte sich irre gut: GTO-Tiger

Auch Esso warb bekanntlich mit dem Tiger, den man in den Tank packen sollte!

„Er lebt!“ – aber unter der Haube!

„Keine Angst vor großen Tieren!“ – Foto von Werbe-Dreharbeiten über den GTO

Pontiac selbst produzierte einen Titel: GeeTO Tiger kostete nur 50 Cents!

Ebenfalls auf der Hitliste: Ronny & the Daytonas – GTO

Die Dame schaut noch unwissend: Im Prospekt steht das erste Mal ein GTO-Package für den Tempest LeMans

Schabernack mit der eigenen Marke – es war auch die große Zeit der kreativen Werbung!

Heute eine Rarität: 65er Pontiac LeMans Convertible

Selbst für Taschengeld gab´s die heiße Variante

1965: ”The ones they call tiger paws“ (Diese Reifen heißen Tiger-Tatzen)! Innerhalb eines Jahres war aus dem Package eine eigene Modellreihe geworden

Bis zu 360 bhp konnte man offiziell im GTO bekommen – aber es waren sicher mehr!

”Für den Mann, der sofort einen Tiger reitet, falls jemand Räder drunter packt.“

1965: Der Tiger nimmt Gestalt an!

1966: ”Ein Pontiac in der Haut eines Säbelzahn-Tigers“. Naja, in Englisch hört sich´s besser an…

Noch immer sind die Sprüche einfach göttlich!

Im 66er Prospekt spricht Pontiac vom ”Ultimate Tiger”.